Ich liebe Spiele, die mich überraschen und mit frischen Ideen, cleverem Design und komplett unerwarteten Momenten, die einem schon mal das Hirn verdrehen können. Superliminal von Pillow Castle ist definitiv so ein Spiel. Es entführt dich in eine surreale Traumwelt, in der deine Wahrnehmung dein größter Verbündeter und gleichzeitig dein schlimmster Feind ist.
Superliminal ist kein gewöhnliches Puzzle-Game. Es denkt soweit außerhalb der Box, dass sich genau diese Box in einer zweiundvierzigfachen Dimension durch sich selbst faltet und dann dein Gehirn darin badet. Es spielt mit genialen optischen Täuschungen und lässt einen buchstäblich mit der Realität selbst jonglieren. Man fühlt sich wie in einem interaktiven Gedankenspiel von irgendeinem höheren Bewusstsein oder vielleicht auch nur in einem besonders bizarren Traum nach zu viel Käse mit Käse.
Größe ist relativ
Das Herzstück von Superliminal ist ein genialer Mechanismus, der die eigene Perspektive nutzt, um die Welt zu beeinflussen. Neben den gehirnschmelzenden Leveln, die dadurch entstehen, ist wohl das faszinierendste, dass man die Größe von Objekten selbst verändern kann – und zwar abhängig vom eigenen Betrachtungswinkel: Hebe ich einen Schachbauern auf, halte ihn in der Luft und bewege ihn näher an eine entfernte Wand, wird aus dem kleinen Spielzeug plötzlich ein raumgroßes Monster. Oder umgekehrt oder ganz anders oder links vor rechts ist viertel nach zwei.



Diese Idee wird im Verlauf des Spiels ständig auf unglaublich kreativere Weise eingesetzt. Da läuft man zum Beispiel durch Räume, die sich beim Betreten in komplett neue Szenarien umwandeln oder man löst Rätsel, indem man die Schatten neu interpretiert. Es fühlt sich an, als würde das Spiel meine Gedanken lesen und mir immer dann eine neue wilde Mechanik vor die pelzigen Füße werfen, wenn ich gerade denke, ich hätte alles verstanden.
Die Rätsel sind allesamt ganz fantastisch – bis auf einen Part im zweiten Drittel, bei dem nicht der Schwierigkeitsgrad das Hindernis war, sondern wir im Livestream wegen der Unklarheit der Aufgabe einige Zeit hängen blieben. Doch auch das kurze Hindernis hat meinem Gesamterlebnis keinen wirklichen Dämpfer verpasst, denn der kreative Spaß ging gleich darauf munter weiter.
Minimalistisch, aber wirkungsvoll
Optisch ist die Welt schlicht, steril und oft in helles Licht getaucht… außer wenn nicht. Und gerade diese hübsche Nüchternheit vieler Szenen macht die Perspektiv-Spielereien umso wirkungsvoller. Die Räume wirken wie aus einem Traum konstruiert, mit geometrischen Formen, klaren Linien und gelegentlichen Farbakzenten, die immer sehr gezielt gesetzt sind. Wenn plötzlich ein Wandbild zu einem greifbaren Objekt wird oder sich eine Tür als Illusion entpuppt, sorgt das für echt geniale Momente.

Verrückt finde ich auch, dass die technische Seite dabei durchgehend solide stabil und butterweich bis glattrasiert bleibt. Während des Streams tauchten keine Bugs auf und es kam auch zu sonst keinen Problemen, was bei einem Spiel mit so vielen optischen Tricks und Spielerfreiheiten durchaus erwähnenswert ist.
Surreale Träume zum dahinschmelzen
Der Soundtrack von Superliminal ist ruhig, meditativ und einfühlsam. Entspannte Tracks, leise Synths und sphärische Weite durchfluten deine Lauscher und begleiten dich durch die verschiedenen Traumwelten. Das Audio-Design ist subtil, aber wirkungsvoll, besonders, wenn ich durch leere Flure laufe, nur begleitet vom Summen einer Lampe oder dem Echo meiner eigenen Schritte… manchmal sogar recht spooky.
Und dann ist da noch die Stimme des mysteriösen Doktors, die mich durch das Spiel begleitet. Mit trockenem Humor und einem leichten Sarkasmus kommentiert er meinen Fortschritt. Es fühlt sich an, als wäre ich Teil eines merkwürdigen wissenschaftlichen Experiments, was perfekt zur Gesamtatmosphäre passt.

Ein Puzzle-Traum, den ich am liebsten schnell vergessen würde!
Ja richtig gelesen, ich will das Spiel vergessen! …um es dann gleich noch mal in all seiner Pracht erneut erleben zu können! Denn Superliminal ist eines dieser Spiele, die man nicht einfach nur spielt, man erlebt es durch und durch. Es nimmt ein einziges, brillantes Konzept und verwandelt es in eine surreale Reise voller Rätsel, Überraschungen und kleiner Geistesblitze. Ich habe mich selten so oft dabei ertappt, wie ich über meine eigene falschkorrekte und rationalillusionierte Wahrnehmung gestaunt habe.
Für Fans von Spielen wie Portal und The Stanley Parable oder einfach jeden, der gerne mal sein Hirn ordentlich verknotet bekommt, ist Superliminal ein absoluter Spieletipp, der sich auf unnormale Weise von üblichen Spielen abhebt. Man fühlt sich fast so, als hätte ein riesiger Goldbarren, der in Zitronenscheiben gehüllt ist, einem das Gehirn aus dem Kopf gedroschen – und zwar mit Anlauf.