Ich bin ein großer Fan von Frostpunk, dem düsteren City-Builder-Survival-Aufbauspiel von 11 bit studios. Es hat mich mit seiner bedrückenden Atmosphäre, seinen moralischen Entscheidungen und dem großartigen Gameplay-Loop schon im ersten Stream gefesselt. Umso gespannter war ich auf das neue DLC The Last Autumn, das am 21. Januar 2020 erscheint. Und Dank Evolve PR durfte ich das DLC schon vor dem Launch zusammen mit euch erleben. Eins schon vorweg: Es ist mehr als nur ein einfaches Add-on… es ist ein würdiges Prequel zum Hauptspiel, aber auch ein echter Härtefall, der selbst für frostgestählte Veteranen zum Problem werden kann.

Vor der Eiszeit

The Last Autumn spielt, wie der Name schon andeutet, vor der eiszeitlichen Katastrophe des Hauptspiels. Statt meterhoher Schneeverwehungen erwartet uns ein herbstliches aber düsteres Szenario am Rand der zivilisierten Welt und wir müssen mit dem Bau des riesigen Generators beginnen, der später im Hauptspiel das Überleben sichert. Clevere Idee! Wir errichten also nicht mehr eine Stadt zum Überleben, sondern die Anlage, welche die spätere Stadt überhaupt erst möglich macht. Und das nicht entspannt im goldenen Herbstlaub sondern vielmehr unter Zeitdruck, zahlreichen politischen Konflikten und mit weniger Ressourcen als man sich vermutlich erhofft hat.

Das Setting ist fast idyllisch, und die neue Farbpalette bringt frischen Wind, sowohl visuell als auch atmosphärisch. Die melancholische Musik und das subtil bedrohliche Sounddesign setzen dabei weiterhin die gewohnt hohe Messlatte. Besonders der Kontrast zwischen dieser natürlichen Idylle und der industriellen Maschinen und der Ausbeutung der Arbeiter wirkt in diesem DLC besonders intensiv.

Industrie statt Überleben?

Der vielleicht größte Unterschied liegt im Gameplay: Statt mit Kälte zu kämpfen, steht jetzt das Management von Arbeitskräften, Ressourcen und Zeit im Vordergrund. Der Druck ist somit etwas abstrakter, aber genauso gnadenlos und vielleicht sogar noch schlimmer. Der Bau des Generators ist in mehrere Phasen unterteilt, die jeweils mit Deadlines daherkommen, die nicht verhandelbar sind (schließlich wartet die Eiszeit ja nicht, bis wir das Dingen einsatzbereit haben). Wer hier zu spät ist, der scheitert ohne Gnade.

Neu mit dabei sind unter anderem Mechaniken für Sicherheit und Motivation. Hier ersetzt man die Hoffnung- und Unzufriedenheitssysteme des Hauptspiels durch zwei neue Leisten, die man durch gute Entscheidungen oder brutale Maßnahmen im Gleichgewicht halten muss. Streiks, Sabotage und sogar Suizide drohen, wenn man die Arbeiter zu sehr auspresst oder ihre Bedürfnisse zu lange ignoriert. Das bringt wieder eine sozialkritische Note mit hinein, die sehr interessant ist. Wer nur auf Effizient aus ist, um den Generator möglichst schnell zum Laufen zu bringen, wird schnell erfahren, wie zerbrechlich die trügerische Herbstidylle ist und wie sehr alles steil bergab gehen kann.

Düstere Aussichten

Die neuen Biome, die Gebäude und UI-Elemente wirken wie ein frischer Anstrich. Die warmen Farbtöne und das herbstliche Design sind ein mutiger aber cleverer Bruch mit dem bisherigen Look. Trotzdem bleibt das Spiel dem Gesamthema treu und überschüttet euch mit spannenden Geschichten, moralisch bedenklichen Entscheidungen und vielen bedrückenden Schicksalen aus der Bevölkerung. Wenn man das Hauptspiel schon gespielt hat, weiß man außerdem, dass dies nur die Ruhe vor dem Sturm ist – denn der kommt unaufhaltsam auf einen zu.

Härter als der Winter

Also ganz ehrlich? Dieses DLC ist kein Zuckerschlecken (oder in diesem Fall „Eisschlecken“). Es richtet sich klar an Leute, die Frostpunk bereits gut kennen und ein neues, und deutlich härteres Szenario suchen. Die Lernkurve ist steil und ohne Spikestiefel geht hier gar nichts. Das Micromanagement ist intensiver denn je, und wer vom Plan abweicht, bekommt sehr schnell ernsthafte Probleme. Für Gelegenheitsspieler oder Leute, die den klassischen Survival-Loop von Frostpunk bevorzugen, könnte The Last Autumn eine Schneeschippe zu viel sein.

Die Idee mit dem Herbst-Setting und dem Bau des späteren Generators finde ich wirklich sehr gut. Und auch die anderen Änderungen sind durchdacht und unterstützen die Story. Wer sich also für besonders taff hält und denkt, er wäre für diese neue gnadenlose Geschichte aus dem Frostpunk-Universum bereit, der kann sich hier auf viele Spielstunden in einem gelungenen aber wirklich harten DLC freuen (sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt)!

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YetiFrood

YetiFrood

YetiFrood ist Twitch-Streamer und selbständiger Content Creator mit einem großen Herz für Indiegames. Mit einem offenen Blick für besondere Spiele teilt er auf dieser Website seine ehrliche Meinung zu all den charmanten Pixelpartys, atmosphärischen Storyabenteuern oder auch packenden Sci-Fi-Welten aus den unterschiedlichsten Genres. Immer mit viel Herz, Humor und einer großen Portion Leidenschaft für besondere, grandiose und oft sogar herausragende Spiele.